TV-Interviews finden nicht nur im Studio statt, sondern, in geschnittener Form, auch bei Ihnen vor Ort, in Ihrem Büro, in einer Betriebshalle Ihres Unternehmens oder auf Ihrer Baustelle … und das ist prinzipiell eine gute Sache, denn auf diese Weise kann Ihr Publikum Ihre Inhalte im Kontext interessanter Schauplätze konsumieren. Gute Bilder eben.
Dieselbe Strategie verfolgen natürlich auch die fürs TV tätigen Journalistinnen und Reporter: Sie suchen für ihre Reportagen interessante Umgebungen; insofern war die Drehtür des Innsbrucker Grand Hotels als Hintergrund für den Live-Einstieg in der ZIB 2 am Dienstag natürlich naheliegend.
Aber Achtung: Türen können sich öffnen. Türen sind dazu gebaut, dass Menschen durch sie hindurchgehen. Leicht geöffnete Türen ziehen die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich: Was ist dahinter? Wird dort gleich etwas Interessantes passieren?
Lustig wird’s, wenn die Dinge, die im Hintergrund geschehen, den Aussagen im Vordergrund widersprechen. Hier noch einmal das Innsbrucker Hoppala für Sie zum Nachsehen:
Nun könnte man einwenden, dass der Reporter seine Aussage ja relativiert hat: „Niemand darf heraus oder herein, soweit wir es beobachten können.“ Und es gibt sicher absolut vernünftige und plausible Gründe, warum der Mann im Hintergrund trotz strenger Quarantäne das Hotel verlassen durfte, ohne dass ein Polizist ihn daran hinderte.
Aber diese Überlegungen spielen in der Wahrnehmung und Bewertung des Publikums keine Rolle, denn das Aufsehen, das das Bild erzeugt, ist stärker als jede vernünftige Erklärung. Was hängenbleibt, ist der Witz, nachzulesen in diversen Online-Kommentaren:
„Die haben einfach zu viel Monty Python geschaut!“
“Das war der Covid19-Bote. Der fährt jetzt von Hotel zu Hotel.“
„Austria is a too small country to do good evacuating.”
Einen weiteren berühmten Fall gab es vor Jahren in Russland, wo ein Kohlearbeiter im TV-Interview zu Protokoll gab, dass Alkohol bei der Arbeit in der Mine keine Rolle spielte, während im Hintergrund … aber sehen Sie selbst:
Auch in diesem Fall gibt es übrigens eine ernsthafte, plausible Erklärung: Der Kollege im Hintergrund war nicht betrunken, sondern krank und konnte sich deshalb schwer auf den Beinen halten. Aber auch hier besiegen der erste Anschein und das Aufsehen des Bildes jeglichen Sinn für die Realität.
Das heißt für Sie: Achten Sie bei geschnittenen Interviews auf den Hintergrund. Überlassen Sie diese Aufgabe nicht den für den TV-Sender tätigen Personen, denn auch die machen dann und wann Fehler, wie wir gesehen haben. Wählen Sie am besten einen Hintergrund, der interessant ist, aber sich gar nicht bewegt.
- Autor:
- Stefan Schimmel
- Foto:
- Pixabay.