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Komm, wir lassen es.

In Miami tagte vergangene Woche der Rat der FIFA, und dort wurde am großen Rad gedreht. Eine „Klub-WM“ der besten Fußball-Vereine der Welt steht im Raum, außerdem soll es eine „Global Nations League“ geben, in der sich die Nationalmannschaften dieser Welt die Ehre geben.

Die gelernten Fußballfans dieser Welt ahnen: Hier geht es vor allem um Geld. Um viel Geld. 25 Milliarden US-Dollar sollen Investoren aus dem arabischen und asiatischen Raum für die Rechte der Vermarktung geboten haben. Aber ist das jetzt eine Chance? Oder ist das der Ausverkauf des deutschen Fußballs?

Diese Fragen stellte der Journalist Florian Bauer (das ganze Interview s. hier) dem Präsidenten des DFB, des mitgliederstärksten Fußballverbandes der Welt. Vielmehr: Er wollte sie stellen, denn dazu kam es nicht. Reinhard Grindel stand vor laufender Kamera auf, nahm sein Mikrofon ab und ging.

Und das wäre auch schon das Ende der Geschichte – wenn nicht die DEUTSCHE WELLE zu einem drastischen Mittel gegriffen hätte: Der Sender veröffentlichte das gesamte Interview, also nicht nur das, was bis dahin gefragt und geantwortet worden war, sondern auch den Moment des Abbruchs.

Und ja: Das ist ein unfreundlicher Akt, der über das gewöhnliche Maß hinausgeht. Die Medien greifen zu diesem Mittel sehr, sehr selten, und das aus gutem Grund: Die Motivation des Herrn Grindel, mit Herrn Bauer konstruktiv zusammenzuarbeiten, wird von nun an nicht gerade in den Himmel wachsen.

Im Verhältnis von Medium zu Interviewgeber oder Interviewgeberin sind beide Seiten auf einander angewiesen, damit für das Publikum am Ende ein informatives Ergebnis zustande kommt. Dieses Verhältnis hat die DEUTSCHE WELLE in diesem Fall aufs Spiel gesetzt. Problematisch für den Sender, lehrreich für uns: Auf diese Weise erfahren wir, was sowohl die Medien als auch das Publikum über die Vorgangsweise, Fragen nicht zu beantworten, denken.


Der mediale Schritt in die Meta-Ebene

Man wollte nicht nur Inhaltliches zeigen, sagte Florian Bauer in der Nachbetrachtung, sondern auch die Art und Weise, wie der DFB-Präsident mit dem Interviewer umgegangen war: nämlich kritische Fragen als Majestätsbeleidigung aufzufassen.

Das Video des Interviews ging in den Stunden nach der Veröffentlichung regelrecht viral (sehr lustig zum Beispiel hier), und der Tenor der Reaktionen lässt sich so zusammenfassen: Reinhard Grindel will nicht auf Fragen zur Zukunft des Fußballs antworten. Damit wird in der Öffentlichkeit allerdings immer ein unausgesprochener Verdacht einhergehen: Er will nicht antworten, weil er etwas zu verbergen hat.

Das ist natürlich Kaffeesudleserei, und genau wie im Gerichtssaal gilt die Unschuldsvermutung; aber ich möchte Sie auf ein Phänomen aufmerksam machen, das Ihnen immer begegnet, wenn Sie Fragen nicht beantworten: Intransparenz fördert die Phantasie des Publikums. Und diese wendet sich meistens gegen Sie.

Aus diesem Grund ist für Sie als Gäste im TV-Studio die „Taktik der beleidigten Leberwurst“ wenig empfehlenswert, selbst wenn Sie noch so verärgert sind, selbst wenn Sie sich damit noch so sehr im Recht glauben. Bleiben Sie bei Ihrer Botschaft und suchen Sie eine Antwort, die diese angemessen zum Ausdruck bringt.

Damit halten Sie die Kanäle zum Moderator oder der Moderatorin offen. Auf lange Sicht haben Sie davon mehr Gewinn.

 

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