Streiten ist zurzeit in Mode unter den Verantwortlichen der EU. Und außerdem: Worte in die falsche Kehle bekommen. Der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, sagte unlängst in einem Gespräch mit der FAZ: „Wer Solidarität einfordert, hat auch Pflichten. Ich kann nicht mein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschließend Sie um Ihre Unterstützung bitten. Dieses Prinzip gilt auf persönlicher, lokaler, nationaler und eben auch auf europäischer Ebene.“
Von der Sache her stimmt das ohne Zweifel. Aber der „Schnaps-und-Frauen-Vergleich“ beleidigte die Netto-Empfänger der EU, v. a. die südeuropäischen Länder. Der Italiener Matteo Renzi antwortete zum Beispiel, Dijsselbloem habe eine Gelegenheit zu schweigen verpasst. Was noch schwerer wiegt: Die Medien diskutieren seit Tagen kaum anderes als das Trinkverhalten der griechischen und portugiesischen Bevölkerung. Die Debatte droht abzudriften. Und mittlerweile ist um den Mann eine regelrechte Personaldebatte ausgebrochen. Auch wenn er es eigentlich durch und durch richtig gemeint hat – aber jetzt muss der Verursacher Dijsselbloem in eigener Sache Feuerwehr spielen.
Die Musik zerstört die Botschaft – dafür haben wir hier ein schönes Beispiel. Welche Lehren können Sie nun für Ihr nächstes Interview oder Ihr nächstes Meeting daraus ziehen? Es ist nicht grundsätzlich verboten zuzuspitzen, und es ist nicht verboten, direkt zu sein, aber Sie müssen mit den Konsequenzen leben können. Sie haben von Ihrer besten Pointe nichts, wenn Ihr Publikum Ihre Worte in die falsche Kehle bekommt.
Dijsselbloems Statement ist um nichts schwächer, wenn man den Vergleich daraus entfernt. Also: If in doubt, cut it out. Lassen Sie im Zweifelsfall „Schnaps und Frauen“ beiseite.
- Autor:
- Stefan Schimmel
