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Ein Symbol geht in Pension

Als ‚Merkel-Raute‘ (selten ‚Merkelizer‘) wird eine Haltung der Arme und Hände bezeichnet, bei der die Hände mit den Innenflächen so vor dem Bauch gehalten werden, dass die Daumen und Zeigefinger sich an den Spitzen berühren und in etwa die Form einer Raute beschreiben.“

Das ist die lexikalische Definition von Angela Merkels Handgeste – wahrscheinlich das einzige körpersprachliche Signal dieser Welt, dem ein eigener Wikipedia-Eintrag gewidmet ist. Eigentlich logisch: Die Geste wurde nicht nur zu Merkels Visitenkarte, sondern weit darüber hinaus zum Symbol, das über die ganze Welt strahlte.

Die Geste wurde medial überhöht (DIE WELT: "In der Raute liegt die Kraft"), von Körpersprache-Fachleuten wie Samy Molcho interpretiert („Sie geht ihren Weg vorwärts.“), von Werbe-Strategen weidlich ausgeschlachtet („Deutschlands Zukunft in guten Händen“). Und kopiert – unter anderem neulich von Olaf Scholz, der zum Auftakt seiner Kanzlerschaft der Welt wohl ein besonderes Zeichen geben wollte.

Also: Es wirkt. Aber sollen wir es deshalb auch so machen?

Als Antwort lege ich Ihnen ein Interview ans Herz, das Angela Merkel im Jahr 2013 im Berliner Maxim-Gorki-Theater der Zeitschrift BRIGITTE gab. Der Talk war deshalb interessant, weil es nicht nur um Politisches, sondern vor allem auch um Privates ging. Worauf sich Angela Merkel, wie wir wissen, äußerst selten einließ.

Die Dame hat hier aus ihrem ganz persönlichen Nähkästchen geplaudert. Und ist auch auf ihre Handgeste zu sprechen gekommen: „Dabei geht es um die Frage: Wohin mit den Armen?“ Das ist bemerkenswert: Denn dieses Gefühl, dass die Arme Auge in Auge mit TV-Kameras oder mit Live-Publikum unangenehm und peinlich an den Schultern baumeln – dieses Gefühl kennen wir alle. Aber dieses Gefühl hat nichts mit einer tatsächlichen Bewertung durch das Publikum zu tun: Diese Menschen konzentrieren sich auf ganz andere Dinge und finden am Körper hängende Arme gar nicht peinlich.

Frau Merkel trug sich also mit der Frage, die uns alle beschäftigt: Wie vermeide ich, wenn ich öffentlich das Wort ergreife, dieses unangenehme Gefühl? Wie vermeide ich die Nervosität, die damit oft auch einhergeht?

Die Raute gibt uns die Antwort: Bei dieser Handhaltung berühren sich die Fingerspitzen. Arme und Hände fühlen sich nicht mehr verloren an. Mit dieser Haltung bekommen wir ein Gefühl für unseren eigenen Körper, wir spüren uns selbst. Und damit gewinnen wir ein gewisses Maß an Sicherheit zurück. Der ursprüngliche Sinn der Raute war nicht die Breitenwirkung, sondern die persönliche Souveränität von Frau Merkel.

Hier ist also meine Antwort: Wenn Sie nach einer besonderen Handgeste suchen, kopieren Sie nicht die Raute, denn damit fühlt sich Ihr Publikum sofort an ein Symbol erinnert, das mit seiner Wirkung Sie und Ihr Anliegen vollkommen übertüncht. Aber suchen Sie sehr wohl eine Haltung, bei der sich Ihre beiden Hände berühren, damit Sie sich selbst spüren und damit Souveränität gewinnen.

Ihrer Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Es muss ja nicht die Raute sein.

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