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Das Printmedium schlägt zurück

Berühmtes Beispiel der Vergangenheit war Baudouin Prot, ehemals CEO der französischen Bank BNP Paribas, der dem HANDELSBLATT im Oktober 2011 ein Interview gab. Sie erinnern sich – das war die Zeit, als die Krise des Bankensektors ihren Höhepunkt erreichte, und natürlich war es für Führungskräfte von Banken damals nicht einfach, Interviews zu geben.

Aber hier hat Herr Prot den Bogen überspannt.

Er überarbeitete seine Antworten mehrfach, und zwar so, dass er nicht nur kleine Versehen richtigstellte, sondern wesentlich in den Inhalt seiner Statements eingriff. Schließlich zog er sein Interview überhaupt zurück, mit der Begründung, er wolle sich angesichts der aktuellen Lage im Bankensektor nicht mehr äußern. Seine eigenen „frisierten“ Antworten mitsamt den Fragen stellte er allerdings in englischer Sprache auf die Website der Bank.

Da wurde es dem HANDELSBLATT dann doch zu dumm.

Die Zeitung reagierte, indem sie das Interview trotz der fehlenden Autorisierung veröffentlichte, und zwar doppelseitig – allerdings nur die Fragen, nicht die Antworten. Wo die Statements des Herrn Prot stehen sollten, blieb das Papier weiß. Beigefügt war ein Info-Kasten mit der Information über die Vorgeschichte des Interviews. Für die Leserinnen und Leser ein spannendes Ereignis – denn so konnten sie brühwarm nachvollziehen, auf welche Fragen der CEO gerade nicht zu antworten gewillt war.

Der gemeinsame Nenner zwischen diesem Ereignis und den aktuellen Vorgängen rund um die Schwärzung der Titelseiten der australischen Tageszeitungen ist der Protest. Presseleute sind es gewohnt, den Gegenwind von Personen zu kassieren, die sie interviewen – das liegt an der Natur ihrer Profession. Aber es gibt einen Punkt, an dem sie sich grundsätzlich in der Freiheit ihrer Berichterstattung beschnitten fühlen.

Bei Regierungen geht es um Gesetze, die die Recherche behindern. Bei interviewten Personen ist das dann der Fall, wenn offensichtlich wird, dass ihre Antworten keine persönliche Stellungnahmen, sondern blankgeputzte Werbe-Statements sind. Dabei geht es nicht um die berühmte „Message Control“ unserer letzten Regierung, die aus Medien-Sicht nicht astrein war, aber deren „Produkte“ man immer auch hinterfragen und/oder widerlegen konnte.

Aber Medien setzen sich dann ernsthaft zur Wehr, wenn sie sich grundsätzlich missachtet und hintergangen fühlen. Das tun sie, weil sie ihrer Funktion verpflichtet sind, die sie dem Publikum gegenüber haben: Einsicht und Orientierung zu geben, aufzuklären, einzuordnen, Diskussionen anzustoßen.

Diese Funktion sollten Sie respektieren. Sonst sind schmerzhafte Schläge möglich.

 

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