• Power Rhetorik

Muss ich zum Publikum immer freundlich sein?

Anecken will gelernt sein

Mit Sicherheit ist die Provokation das schwierigste und anspruchsvollste Mittel eines öffentlichen Auftrittes, denn ihr Erfolg misst sich nicht an der Absicht, sondern an der Wirkung. Samstagabend ist damit einer gescheitert, der eigentlich Erfahrung hat. Der deutsche Komiker Dieter Hallervorden bedankte sich für den Filmpreis „Romy“ mit den Worten: „Diese österreichische Romy führe ich heim ins Reich.“ Heim ins Reich: Das war der Slogan, mit dem die Anhänger des Nationalsozialismus einst für den Anschluss Österreichs an Deutschland warben.

In einem Interview mit dem KURIER sagte Hallervorden, er habe damit der österreichischen Bevölkerung, die immer nur so tut, als wäre sie nicht dabei gewesen, einen Spiegel vorhalten wollen. Gegen diese Absicht ist absolut nichts einzuwenden. Aber die Wirkung? – Statt darüber nachzudenken, verbuchen die Medien (und zwar auch die deutschen) den Sager jetzt als Unbedarftheit, als PR-Gag oder gar als Lifestyle-Thema.

Trotzdem: Wenn Sie Auftritte vorbereiten, sollten Sie nicht grundsätzlich auf die Möglichkeit verzichten, Ihrem Publikum fallweise auf die Zehen zu steigen. Eine Provokation ist eine bewusste Verletzung von Gefühlen – mit dem Ziel, die betreffenden Menschen wachzurütteln und zum Umdenken zu bewegen. Das beste Fallbeispiel dazu stammt von Jamie Oliver, der vor einigen Jahren in einem amerikanischen Supermarkt demonstrierte, wie Hamburger hergestellt werden. Die Nachdenklichkeit des Publikums, und damit die Wirkung der Provokation, ist in diesem Clip deutlich zu sehen:


Und natürlich ist es wichtig, mit dem Mittel sorgfältig umzugehen, denn kein Mensch hat es gerne, wenn er von einer Bühne herab verletzt wird. Wenn Ihnen die Provokation nicht gelingt, bleibt als bitterer Rest immer – die Verletzung. Und damit eine Beschädigung des Vertrauens, Ihres Images und der Beziehung zu Ihrem Publikum.

Wenn Sie daran denken, Ihr Publikum zu provozieren, empfehle ich Ihnen, darauf zu achten, dass zwei Voraussetzungen gegeben sind:

1. Eine Provokation funktioniert dann, wenn das Publikum spürt, dass Sie es gut mit ihm meinen.
Wenn Sie mich verletzen, bloß um sich abzureagieren, entziehe ich Ihnen zu Recht mein Vertrauen. Wenn ich allerdings merke, dass Sie mir um meinetwillen etwas Wichtiges sagen wollen, haben Sie meinen Respekt, selbst wenn ich die Verletzung im ersten Moment nicht gerne höre.

2. Eine Provokation funktioniert dann, wenn der Rahmen stimmt.
Der Kardinalfehler von Dieter Hallervorden war ganz einfach, dass er ein ernstes Thema bei einer Preisverleihung anschneiden wollte, bei der ein paar schick gekleidete Gäste in Partylaune waren und keine tiefen Gedanken wälzen wollten. Wenn ich diese Umstände nicht respektiere, kann ich noch so berechtigte Absichten hegen, aber ich muss mich dann nicht wundern, warum das Publikum meine Worte als PR missversteht.

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