Die Fragen der Presse an den EZB-Chef Mario Draghi lauten in den letzten Monaten meistens so: „Enteignen Sie jetzt die Sparenden?“ Wunderbar für das Medientraining, denn diese Fragestellungen sind gleichsam Lehrstunden in der Disziplin „Wie überbringe ich schlechte Nachrichten?“. Hier also eine dieser „Lehrstunden“ – eine EZB-Pressekonferenz vor ein paar Monaten, bei der Draghi schon einmal eine Leitzins-Senkung ankündigen musste:
„Der Leitzins ist für die Banken da, nicht für die Menschen.“ – Das ist sachlich korrekt, und trotzdem fühle ich mich als Sparer vor den Kopf gestoßen. „Wenn die Banken die Zinsen senken, ist das deren Entscheidung, nicht unsere.“ Wiederum sachlich korrekt, aber als Sparer fühle ich mich hier vollkommen verarscht: Die Verantwortung für meinen Schaden wird auf Dritte abgeschoben.
Und wie geht’s jetzt weiter?
„Unser Maßnahmenpaket zielt darauf ab, Wachstum wiederherzustellen; dies wird dazu führen, dass Zinsraten auf ein höheres Niveau zurückkehren können. Die Sorgen der Sparenden sollen wir sehr ernst nehmen, denn dies sind Menschen, die einen Großteil ihres Lebens für ihre Pension gespart haben.“
Schon besser. Auch das ist wiederum eine wichtige Wahrheit aus dem Universum der Europäischen Zentralbank. Und so wie Mario Draghi sie ausspricht, kann ich auch glauben, dass dahinter eine ehrliche Absicht steckt. Nur schade, dass ich vorher schon geohrfeigt worden bin und diese Worte also nicht mehr ganz so zuversichtlich aufnehmen kann.
Fazit: Anders herum wäre besser gewesen.
Haben Sie mit Ihrem Publikum eine gute Absicht für die Zukunft? – Wunderbar, denn wenn Sie schlechte Nachrichten überbringen, können Sie ihm zeigen, dass Sie auf seiner Seite sind und das Beste wollen. Wenn dies einmal klar gemacht ist, wird es auch eher bereit sein, die Härten Ihrer Entscheidungen zu akzeptieren.
- Autor:
- Stefan Schimmel
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