Es kommt wohl nicht oft vor, dass ein grüner Politiker eine (ehemalige) FPÖ-Politikerin verteidigt. Und doch ist Johannes Voggenhuber vergangene Woche für Susanne Winter in die Bresche gesprungen und hat Armin Wolf der „Lynchjustiz“ beschuldigt, die „abstoßend, unmoralisch und journalistisch nicht zu rechtfertigen“ sei.
Stein des Anstoßes waren Fragen wie diese, die der ORF-Moderator der neuen „wilden Abgeordneten“ im ZIB2-Interview gestellt hat: „Was hat jemand wie Sie im Parlament verloren?“ Oder: „Sie sagen, dass nicht nur Ihre künftige Arbeit sinnlos wird, sondern dass auch Ihre bisherige Arbeit sinnlos war?“
Der harte und kontroversielle Stil, mit dem Armin Wolf Susanne Winter interviewte, hat jedenfalls Zustimmung, aber auch Ablehnung gefunden. Und er hat zu einer Frage geführt, die auch für das Medientraining interessant ist: Was darf jemand, der im ORF interviewt, überhaupt?
Bedeutet die Objektivität, zu der Journalistinnen und Journalisten verpflichtet sind, auch gleichzeitig die Neutralität, also den Verzicht auf einen Standpunkt? – Das tut sie natürlich nicht. Armin Wolf hat in seiner Reaktion darauf hingewiesen: Ein Interview ist, per Definition des Verfassungsgerichtshofes, „eine Sendeform, die aus kontroversieller Rede und Gegenrede besteht.“
Die Rolle Medien erschöpft sich nicht in „der Beisteuerung neutraler Stichworte für Statements der interviewten Person“, sondern es sind auch „scharf ausgeprägte Standpunkte und provokant-kritische Stellungnahmen zulässig“. Wer befragt wird, hat die Möglichkeit, in freier Antwort selbst Stellung zu nehmen.
Das sollten Sie nicht vergessen, wenn Sie sich auf ein TV-Interview im Studio vorbereiten: Es gibt Berichterstattende wie Armin Wolf, die dafür bekannt sind, ihre rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen, und es gibt andere, die zahmer agieren.
Aber: Die Kontroverse ist verfassungsrechtlich definiert. Und Sie sollten sich auf Ihre Möglichkeit vorbereiten, in freier Antwort Stellung zu nehmen.
- Autor:
- Stefan Schimmel
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