Wenn 150 Menschen sterben, dann gerät die Frage nach dem „How to“ der Kommunikation schnell in den Hintergrund. Vor allem der Lufthansa-Chef Carsten Spohr mag in den letzten Tagen hin und her gerissen gewesen sein zwischen dem Horror, für das Unglück die Verantwortung zu tragen, und der Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass das Leben der Lufthansa weitergeht. Der Mann hat den Unfall natürlich weder persönlich, noch absichtlich herbeigeführt, und doch ist er an vielen Menschen schuldig geworden.
Germanwings Flug 4U-9525 ist ein extremer Fall, und dass durch wirtschaftliches Handeln Menschen zu Schaden kommen, soll nicht, aber es kann passieren. Dann stellt sich die Frage, wie man in dieser Situation in der Öffentlichkeit spricht. Und da kann man das Verhalten von Carsten Spohr in den letzten Tagen gut und gerne als positives Vorbild nehmen.
Was ist also gelungen? – Der Mann zeigt Mitgefühl und Betroffenheit, und das ist nun wirklich das erste, das in einer solchen Situation ausgesprochen werden soll. Er lässt sich nicht auf Spekulationen ein, verspricht aber umfassende Informationen, sobald er dazu imstande sein wird.
Das ist wichtig, weil Angehörige von Opfern genau wissen wollen, was passiert ist, und ob ihre Lieben zu leiden hatten. Aber auch bei den bekannten Tatsachen zu bleiben, ist wichtig – vor allem angesichts dessen, dass Medien immer alles sofort wissen wollen. Und er verspricht, die Angehörigen finanziell zu unterstützen – was, wie man mittlerweile weiß, kein bloßes Lippenbekenntnis gewesen ist. Auch das ist wichtig.
Später wird Carsten Spohr die Vermutung des französischen Staatsanwalts, der Kopilot habe die Maschine zum Absturz gebracht, so kommentieren: „Wenn ein Mensch 149 Menschen mit in den Tod nimmt, ist das ein anderes Wort als Selbstmord.“ Damit zeigt er, dass er auch bereit ist, die Dinge beim Namen zu nennen, und dass man von ihm kaum Falsches zu befürchten hat. Wer so spricht, dem kann man auch die Aussage abnehmen, das Fliegen sei immer noch die sicherste Fortbewegungsart der Welt.
Eine solche Ausnahme-Situation wünsche ich niemandem. Ein Mann wie Carsten Spohr erlebt sie wahrscheinlich – hoffentlich – nur einmal in seinem Leben. Trotzdem, und gerade weil es eine Ausnahmesituation ist, muss man sich darauf vorbereiten. Was die Lufthansa in aller Akribie tut. Nur so ist es möglich, die Gratwanderung zwischen Betroffenheit und Professionalität zu meistern.
- Autor:
- Stefan Schimmel