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Reden halten: Scherz beiseite?

In der heißen Faschingszeit zog Frau Kramp-Karrenbauer (die Medien nennen sie der Einfachheit halber AKK) als „Putzfrau Gretel“ durch die Fasnacht-Veranstaltungen der deutschen Provinz. Das Ziel muss wohl gewesen sein: Sich dem Volk als eine zu empfehlen, die die Dinge so richtig anpackt und beim Namen nennt. Am Freitag ging’s also im Rahmen dieser Tour zu einer Rede vor dem Stockacher Narrengericht.

Und also sprach AKK: „Guckt euch doch mal die Männer von heute an! Wer war denn von euch vor Kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte Macchiato-Fraktion. Die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen. Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist diese Toilette!

Großes Gejohle im Saal. Der Witz kommt an in Stockach. Weniger allerdings in den Weiten der Sozialen und Klassischen Medien, wo die Aufregung brodelt. Das Magazin QUEER erinnerte an AKK’s Kür zur „Miss Homophobia 2018“, der Grüne Sven Lehmann schrieb einen offenen Brief, der STERN sprach gar von „Annegrets karnevalistischer Kernschmelze“.

Grundtenor der Kritik: Frau Kramp-Karrenbauer hat sich über eine Minderheit lustig gemacht – über jene mehrere zehntausend in Deutschland lebenden Menschen, die zwischen den Geschlechtern stehen, also „intersexuell“ sind, wie die Fachleute sagen. Noch dazu eine „junge“ und verletzliche Minderheit, denn die Option der Eintragung „divers“ im Geburtenregister gewährt der Bundestag erst seit dem vergangenen Dezember.

Und ja: AKK’s „Toilettenwitz“, wie er mittlerweile genannt wird, hat auch Verteidiger gefunden, die der Meinung sind, dass der Karneval sich ja gerade dadurch auszeichnet, dass in dieser Zeit sonst verpönte Dinge erlaubt sind. Und dass der Witz, wenn man ihn im Zusammenhang der Rede betrachtet, eigentlich die Männer aufs Korn nahm, und nicht die Intersexuellen.

Trotzdem bleibt die Polarisierung, die unter dem Strich dem Image der Frau Kramp-Karrenbauer in nächster Zeit sicher schaden wird.


Darf Vorstand Satire?

Sie haben sich in der öffentlichen Kommunikation den Humor auf Ihre Fahnen geschrieben? Ich schreibe über diesen Vorfall, weil ich Sie auf Gefahren aufmerksam machen möchte, die Ihnen in diesem Fall begegnen können.

Einmal können Sie eine Pointe natürlich verhauen. Das passiert, so ist das Leben, eigentlich kein Problem.

Darüber hinaus ist ein Witz natürlich Geschmackssache. Ihr Publikum wird darüber jubeln oder eben nicht. Auch die Witze von Herrn Böhmermann zum Beispiel kann man mögen oder nicht. Sicher ist aber: Wenn der Mann einen Witz macht, dann darf er das. Satire darf alles, schrieb einst weiland Kurt Tucholsky in einem Essay im BERLINER TAGEBLATT.

Satire darf alles, und gleichzeitig muss eine Person, wenn sie Satire anwendet, damit rechnen, dass Menschen sich verletzt fühlen und sie kritisieren. Das ist Teil der Meinungs- und Redefreiheit, die für beide Seiten gilt. Einen Herrn Böhmermann wird das nicht anfechten, denn das ist Teil des Spiels.

Auch das ist also im Grunde kein Problem.

Wenn aber eine Politikerin oder ein Vorstand sich auf dieses Terrain begibt, besteht das Problem darin, dass das Publikum das Amt und die Funktion dieser Person schwer ausblenden kann. Die Witze, die diese Person macht, werden immer mit dem abgeglichen werden, was als politische Haltung möglicher Weise dahinter steckt. Dann erinnern sich plötzlich alle an das konservative Familienbild, das Frau Kramp-Karrenbauer hat, und dann kommen Headlines zustande wie die im DEUTSCHLANDFUNK am Montag: „Ein Problem der Geisteshaltung“.

Dürfen Sie also als Führungskraft noch Witze machen? Natürlich dürfen Sie. Aber seien Sie sich dieses Problems bewusst. Rechnen Sie mit der Meinungsfreiheit Ihres Publikums. Und überspannen Sie Ihren Bogen nicht, wenn Sie keine Missverständnisse haben wollen.

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