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Printinterview:
Von der nach­träglichen Korrektur

Wie Sie Redakteure mit Verbesserungen beleidigen

Aktuelle, wahre Geschichte: Das Interview war toll. Knackig, pointiert, authentisch – wie die Medien es lieben. „Bemerkenswerte Sätze eines selbstbewussten, intelligenten und meinungsstarken Fachmanns.“, wie der zuständige Journalist schreibt.

Aber das Printmedium, in dem das Interview erscheinen sollte, hat es nicht gedruckt; stattdessen hat es auf einer ganzen Seite seine Ablehnung erklärt. Begründung: Der Interviewpartner hat die ihm vor der Veröffentlichung zur Verfügung gestellten Druckfahnen so stark korrigiert, dass das ursprüngliche Interview nicht mehr kenntlich war.

Der Journalist heißt übrigens Tilo Komma-Pöllath.
Der Interviewpartner: Ralph Rangnick.
Das Printmedium: Playboy.

Die Autorisierung von Print-Interviews war in diesem Blog schon ein paar Mal Thema (hier und vor allem hier), aber aus aktuellem Anlass, und weil wir im Printtraining immer wieder Missverständnisse erleben, hier wieder ein paar Worte dazu.

Wenn Sie ein Printinterview geben, das als Transkription erscheinen soll (d. h. im originalen Wortlaut der Fragen und Ihrer Antworten, wie ein Live-Interview im TV), dann wird Ihnen der Journalist oder die Journalistin die Möglichkeit einräumen, den Text auf Fehler zu prüfen, bevor er erscheint. Dazu sind die Presseleute nicht verpflichtet, es ist ein Schritt des guten Willens, der im deutschen Sprachraum üblich ist (im englischen übrigens nicht – dort wird jedes Wort ohne Nachfragen so abgedruckt, wie Sie es dem Diktiergerät anvertraut haben).

Sie können diese Erlaubnis dazu nutzen, da und dort kleine Korrekturen anzubringen, z. B. weil die eine oder andere Erklärung sich schwarz auf weiß nicht so logisch und schlüssig liest, wie sie im mündlichen Setting gemeint war. Dann finden Sie ein besseres Wording und fügen es ein.

Aber die Betonung liegt auf „da und dort“. Die Autorisierung ist nicht dazu bestimmt, das Gespräch, d. h. die Anmutung Ihrer Antworten, grundsätzlich zu korrigieren. Aufschlussreich, was der Playboy dazu schreibt:

Wenn durch eine Autorisierung das ursprüngliche Interview bis zur Unkenntlichkeit verändert, weichgespült und damit um konkrete Aussagen bereinigt wird, dann wird unabhängiger Journalismus bewusst verhindert.

Das heißt: Printmedien fühlen sich in ihrer Unabhängigkeit angegriffen, wenn man die Autorisierung missbraucht. Bemerkenswert, dass das sogar in einem eindeutigen Unterhaltungsmedium wie dem Playboy so verstanden wird – umso mehr gilt das Prinzip für Medien, die sich vor allem der Information verpflichtet fühlen.

Radieren Sie also maßvoll und kümmern Sie sich am besten um die Qualität des Interviews im Vorhinein – wenn Sie es geben.

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