„Neue Rätsel um Falcos Tod“, titelte die KRONENZEITUNG am 10. Februar.
„Falco: Rätsel um Tod gelöst“ , konterte am selben Tag die Zeitung ÖSTERREICH.
Wie jetzt?
Aber hier ist die Kuriosität noch gar nicht zu Ende. Denn im Kern handelt es sich bei dem, was die beiden Zeitungen da zum Besten gaben, um ein und dieselbe Geschichte – nämlich um eine von Rudi Dolezal produzierte TV-Dokumentation zu Falcos 60. Geburtstag („Die ultimative Doku“, gestern auch auf KABEL 1 ausgestrahlt).
In dieser Doku spricht ein Freund und ehemaliger Manager über Falcos Tod und spekuliert über die Hintergründe: Liebeskummer, der den genialen Musiker immer wieder zu Drogen und Alkohol getrieben haben soll; eine Freundin, die sich von ihm getrennt haben soll, weil die Beziehung von ihrem Vater nicht gutgeheißen wurde; und so weiter.
Dies ist die Informations-Basis, auf der die beiden Blätter ihre unterschiedlichen Interpretationen aufbauten. „Neue Rätsel“ bedeutet: Es gibt neue Indizien, die neue Fragen aufwerfen. „Rätsel gelöst“ bedeutet: Es gibt neue Indizien, die alte Fragen beantworten.
Und natürlich geht es hier um den Boulevard, das heißt um Artikel, die aus Gründen der Quote die Leserschaft emotionalisieren sollen. Wir haben hier also ein Extrem-Beispiel. Aber ich habe es bewusst aufgegriffen, um Ihnen eine Tatsache bewusst zu machen, die nicht nur in KRONE, ÖSTERREICH und Co. vorkommt, sondern in allen Printmedien: Ein und dieselbe Information kann zu ganz und gar unterschiedlichen Ergebnissen der Darstellung führen.
Es gibt objektive, und es gibt subjektive, d. h. von Journalistinnen oder Journalisten persönlich gefärbte Darstellungsformen. Letztere sind immer Interpretationen eines Sachverhaltes. Das bedeutet: Der Medienschaffende erzählt nicht „die“ Geschichte, sondern er erzählt „seine“ Geschichte. Qualitätszeitungen kann man u. a. daran erkennen, dass sie persönlich gefärbte Darstellungen kennzeichnen, damit die Leserschaft weiß, woran sie ist.
Für Sie als befragte Person bedeutet das aber, dass es den Medien freisteht, zu Ihrem Thema eine subjektive Darstellungsform zu wählen, und dass die Presseleute meistens ihre Geschichte im Kopf haben, bevor Sie noch das erste Wort gesprochen haben. Sie haben Ihnen bereits eine Rolle in ihrem „Drama“ zugeteilt, ob Ihnen das gefällt oder nicht. Unser Rat: Wehren Sie sich nicht gegen Ihre Rolle, das würde Ihre Situation nicht verbessern. Vielleicht erscheinen Sie in dieser Rolle sehr tapfer, vielleicht auch böse. Was immer kommt: Machen Sie Ihre Standpunkte plausibel, erklären Sie die Motive Ihrer Entscheidungen und machen Sie sie dadurch auch für Nichteingeweihte nachvollziehbar.
Damit wird die Presse auch die Rolle, die sie Ihnen zugedacht hat, nicht voll zu Ihrem Nachteil gestalten können.
- Autor:
- Stefan Schimmel
- Foto:
- Maastricht - Het bronzen beeld van D'Artagnan von Frans Hoogervorst auf Flickr.