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Pres•se•frei•heit [die]

Zeit im Bild 2, am Dienstagabend, 23. April: Der Moderator Armin Wolf konfrontiert den FPÖ-Spitzenkandidaten zur EU-Wahl, Harald Vilimsky, mit einem Cartoon der steirischen FPÖ-Parteijugend, in dem finstere Zuwanderer mit langen Nasen zu sehen sind. Er vergleicht diesen mit der Darstellung eines Juden in der antisemitischen Zeitschrift „Der Stürmer“. Daraufhin droht Vilimsky: „Dieser Vergleich ist etwas, das nicht ohne Folgen bleiben kann.“

Dieses Magazin ist ein Medientrainingsblog, kein Politikblog; daher lasse ich hier die Inhalte, also das „Was“ der Kontroverse beiseite. Das „Wie“ ist allerdings sehr wohl interessant: Denn in den Tagen nach dem Interview warf Heinz-Christian Strache Armin Wolf vor, dem „öffentlich-rechtlichen Objektivitätsauftrag“ nicht gerecht geworden zu sein, und außerdem „eine eigene politische Agenda“ verfolgt zu haben.

Die Pressefreiheit und ihre Grenzen sind in den letzten Monaten so emotional diskutiert worden, dass es vor lauter Verwirrung an der Zeit ist, endlich einmal so richtig langweilig zu werden und die jeweiligen Rechtstexte in Erinnerung zu rufen. Für Österreich gelten der Artikel 13 des Staatsgrundgesetzes und der Artikel 10 der Menschenrechtskonvention. In Deutschland gilt der Artikel 5 des Grundgesetzes.

Gleich geht's langweilig weiter

„Pressefreiheit“ heißt, dass Journalistinnen und Journalisten von niemandem daran gehindert werden dürfen, Informationen aufzuspüren und zu verbreiten, die für die Öffentlichkeit relevant sind. Auch der „Tendenzschutz“ gehört übrigens zur Pressefreiheit: Verleger haben das Recht, ihrem Medium eine politische Linie zu verpassen und ihre Redaktion darauf zu verpflichten.

Wer die Freiheit hat, hat auch Verpflichtungen. Der ORF darf klarer Weise keine politische Linie haben, denn er hat den expliziten, öffentlich-rechtlichen Auftrag, unabhängig zu berichten. Medien sollen korrekt recherchieren, sich nicht beeinflussen lassen und niemanden verspotten oder diffamieren. Sie dürfen Zitate nicht verfälschen. Keine Beschuldigungen erheben, ohne eine Stellungnahme der beschuldigten Person einzuholen. Sie dürfen Meinungen einzelner Journalistinnen oder Journalisten veröffentlichen, müssen diese aber kennzeichnen, damit das Publikum weiß, woran es ist. All dies und mehr können Sie im Ehrenkodex des Österreichischen Presserats nachlesen.

Ein Ziel, das die Pressefreiheit verfolgt, wird gerne von denen vergessen, die sie kritisieren: die Kontrolle. Medien dürfen Fehler aufzeigen, Verantwortlichkeiten klären, Ursachen von Krisen oder Problemen aufspüren. Sie sind dazu bestellt, verantwortlichen Personen auf die Finger zu klopfen – das gilt übrigens nicht nur für die Politik. All jene Journalistinnen und Journalisten, die ihre Interviews hart und bohrend anlegen, berufen sich auf diese Funktion der Medien – wie zum Beispiel die ZDF-Moderatorin Marietta Slomka:

Fragen sind keine persönlichen Meinungsäußerungen der Interviewer, und der Diskurs wird mit der Gegenseite nicht weniger kritisch geführt.


Sie sehen: Journalistinnen und Journalisten dürfen nicht alles. Aber sie dürfen viel. Sie dürfen mehr, als interviewten Personen oft lieb ist. Wenn Medien kritisch auftreten, bedeutet das – bei aller „Blattlinie“ – nicht, dass sie Politik machen, sondern dass sie ihrem gesetzlichen Auftrag der Kontrolle nachkommen. Es ist also besser, wenn Sie sich vor dem Interview inhaltlich vorbereiten, statt sich nachher über Grenzüberschreitungen der Medien zu beschweren.

Das spart Energie. Und lässt Sie besser rüberkommen.

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