Welche Fragen würde der vorliegende Inhalt in einer kritischen Seherin oder einem skeptischen Leser aufwerfen?
Vor einigen Jahren erschien in der Zeitschrift THE NEW REPUBLIC ein Artikel mit dem Titel „Hack Heaven“, in dem es darum ging, wie ein 15jähriger, ehrgeiziger Hacker in das Netzwerk einer großen Firma eingedrungen war und von dieser dafür als „Belohnung“ einen Millionenvertrag als IT-Sicherheitsberater erhalten hatte. Brandaktuell, brisant und spannend geschrieben, ein journalistisches Schmuckkästchen.
Bloß: Das Ganze war von A bis Z erfunden, und weder den Hacker, noch die Firma, noch den Vertrag hatte es je gegeben. Was folgte, war ein handfester Skandal, und sein Verursacher, der Journalist Stephen Glass, wurde hochkant gefeuert … der Mann studierte danach übrigens passender Weise Jus und schrieb einen Roman, das Ganze war außerdem eine aufgelegte Steilvorlage für Hollywood.
Der Fall ist länger her, aber es ist interessant zu sehen, dass, was damals noch als singulärer Skandal galt, mittlerweile Usus geworden ist: Nachrichten, die übertrieben dargestellt, mangelhaft recherchiert oder überhaupt ein Fake, also bewusst gefälscht sind, stehen in sozialen Netzwerken an der Tagesordnung. Auch die immer noch so genannten „Klassischen Medien“ sind davor nicht gefeit.
Die Verantwortung bei sich selbst suchen
Bisher haben sich die Journalistinnen und Journalisten darauf verlassen, dass dem Publikum die Qualitätskriterien des Journalismus, z. B. der Unterschied zwischen einem professionell recherchierten Beitrag und Propaganda, sehr wohl bekannt wären. Oder sie haben darauf gedrängt, dass Medienkompetenz im Schulunterricht besser verankert wird.
Aber jetzt gehen sie einen Schritt weiter und stellen sich die Frage: Was wäre, wenn das Publikum dem Fernsehbeitrag oder dem Printartikel selbst verlässlich ansehen könnte, ob er echt ist oder ein Fake? Presseleute suchen die Verantwortung also nicht mehr bei den Konsumentinnen und Konsumenten, sondern bei sich selbst – bei ihrem eigenen Handwerk, ihren eigenen Formaten und Erzählformen.
Am konsequentesten ist dabei der amerikanische Journalismus-Lehrer Tom Rosenstiel, sein Konzept nennt sich „Organic News Fluency“ und arbeitet daran, die Medien-Konsumentinnen und Konsumenten durch die Gestaltung der Nachrichten mündig zu machen. Rosenstiel schlägt vor, dass ein journalistischer Beitrag von sich aus Fragen beantwortet, die für die Glaubwürdigkeit der Information entscheidend sind:
- Was ist neu an dieser Geschichte?
- Welche Evidenz gibt es dafür?
- Welche Quellen wurden verwendet, und warum genau diese?
- Welche Fakten kennen wir noch nicht?
- Was ist (noch) umstritten?
Neue Wege der Vorbereitung
Was für Journalistinnen und Journalisten gilt, gilt in gleichem Maße für Sie selbst. Die hier gestellten Fragen können Sie 1:1 übernehmen, wenn Sie Ihre Inhalte für ein Interview aufbereiten – egal, ob es sich dabei um ein geschnittenes oder ein Live-Interview handelt, und unabhängig vom Medium, in dem die Nachricht erscheinen soll.
Diese entscheidende Frage stellt Tom Rosenstiel bei der Vorbereitung, um die eigene Glaubwürdigkeit beim Publikum zu gewährleisten.
- Autor:
- Stefan Schimmel
- Foto:
- Pixabay.