Die Studie, um die es in dem Interview ging, nannte sich „Audiovisuelle Diversität?“ und wollte unter anderem die Sichtbarkeit von Männern und Frauen auf den TV-Bildschirmen und den Kino-Leinwänden untersuchen. Die auffälligsten Ergebnisse bestätigen, was vorher zu ahnen war: Männer haben doppelt so viele Hauptrollen wie Frauen. In Kinderprogrammen ist nur eine von vier Hauptfiguren weiblich. Wenn Frauen vorkommen, dann vor allem als junge Frauen unter 30 Jahren.
Bemerkenswert: Das ZDF war an der Studie beteiligt und zeigte sich interessiert, über die Zahlen nachzudenken. Dem entsprechend war der Bericht, der dem Interview voranging, positiv getönt. Umso überraschter musste Maria Furtwängler sein, dass Klaus Kleber das Interview danach deutlich kontroversiell anlegte: „Wozu brauchen Sie die Zahlen dieser Analyse, oder haben Sie eine Agenda damit?“
„Ich war total perplex von Klebers Reaktion.“, sagte Furtwängler ein paar Monate später in einem Interview mit dem STERN. „Wir hatten davor noch nett mit einander geflachst. Und dann ging das Interview los, und ich wusste überhaupt nicht, wie mir geschieht. Das war schon interessant.“
Zwei unterschiedliche Perspektiven
Stimmt, das ist interessant. Denn es zeigt ganz deutlich, was nicht oft genug wiederholt werden kann: Ein TV-Interview ist keine private Plauderei, sondern ein „Kunstgespräch“, bei dem absichtsvoll gezielte Fragen gestellt werden, um informative Antworten hervorzurufen. Lassen Sie sich also von Journalisten, die vor dem Interview mit Ihnen „flachsen“ und ihnen vielleicht dadurch das Gefühl vermitteln, Ihre guten Freunde zu sein, nicht überrumpeln. Was Maria Furtwängler betrifft, ging der angriffige Tonfall des Fragestellers weiter und zog sich durch das ganze Interview:
Haben Sie eine Agenda?
Wollen Sie das Publikum umerziehen?
Geht es in einer Fiktion (wie sie in TV und Kino gezeigt wird, Anm.) nicht auch darum, eine Traumwelt zu zeigen? Und Sie wollen das jetzt mit einer Geschlechter-Proporzgeschichte überziehen und geraderücken?
Und so weiter.
Dazu Maria Furtwängler im STERN-Interview: „Ich war völlig perplex. Ich dachte die ganze Zeit, dass er mich einfach nur noch nicht richtig verstanden hat und ich das nochmal erklären muss. Hätte ich mich provoziert gefühlt, dann hätte ich vielleicht zurückgeschossen, und das wäre gar nicht so gut gewesen.“ Das stimmt. Die Frau ist absolut souverän mit den Fragen umgegangen und hat sich gegenüber dem überschießenden Moderator sehr gut behauptet:
„Ich wollte einem diffusen Gefühl Fakten gegenüber stellen.“
„Ich bin weit davon entfernt, irgendwelche Vorgaben machen zu wollen, das steht mir überhaupt nicht zu."
"Ich bin einfach zufrieden, wenn die Zahlen ernst genommen werden.“
Bleiben Sie auf Ihrer Seite des Tisches
Trotzdem gibt es einen Tropfen Wermut. Leider ist Maria Furtwängler in den ganzen 6 Minuten, die das Interview dauerte, aus dem Verteidigungsmodus nicht herausgekommen – und das ist der eigentliche Schaden, den dieses Gespräch angerichtet hat. Denn die Ergebnisse der Studie, über die es im Interview ging, sind interessant und können nicht nur TV-Sender zum Nachdenken anregen (hier ein kleiner Kurzfilm über die wichtigsten Zahlen der Studie). Es wäre wichtig gewesen, im Gespräch mehr davon zu hören.
Wenn Sie in ein Interview geraten, in der Sie als Expertin geladen sind, aber zu Ihrer Überraschung als Interessensvertreterin (über)kritisch behandelt werden, dann ist die Verwendung von Techniken angezeigt. Ein passendes Beispiel wäre der Problem-Switch: „Das sehe ich anders …“ oder „Ich teile Ihre Einschätzung nicht, sondern …“ Dies ist eine Technik, die es Ihnen ermöglicht, in aller Freundlichkeit bei Ihren eigenen Inhalten zu bleiben.
Sie fangen die feindliche Energie der Frage ab und rücken Ihre eigenen Botschaften elegant stärker in den Vordergrund.
- Autor:
- Stefan Schimmel
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