Jannis Andrija Schitzer auf Flickr.
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Laudas Ohr am Nürburgring

Als vor einigen Jahren der Film „Rush“ in den Kinos lief, trafen sich der echte Lauda und der, der ihn so verblüffend echt verkörperte, Daniel Brühl nämlich, zum Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Dort erzählte Niki Lauda selbst diese Geschichte.

Ein Jahr nach dem Unfall am Nürburgring organisierte die Moderatorin einer amerikanischen Morgenshow mit ihm ein Interview vor Ort. Die Idee dahinter war, einen großen emotionalen Moment zu zeigen, wenn das Opfer an den Schauplatz des Unfalls zurückkehrt.

Dies ahnend nahm Lauda am Morgen ein Kipferl vom Hotel mit und legte es vor Beginn des Interviews ins Gras. Und als die Moderatorin anfing zu fragen: „Mister Lauda, how is it to be here …“, und so weiter, antwortete Lauda: „Just a moment!“ und ging ein paar Schritte. „What are you doing?“, fragte die Moderatorin. Darauf Lauda, das Kipferl aufhebend: „Oh look, here is my ear!“

Die Moderatorin ist daraufhin wohl ein bisschen zusammengeklappt, und sie mussten die ganze Szene noch einmal drehen. Die Geschichte wurde in den letzten Tagen ins Gedächtnis zurückgerufen und ging sozusagen viral, zum Beispiel hier, hier, hier oder hier. Kaum ein Nachruf auf Niki Lauda, der nicht auch auf die berühmte Kipferl-Anekdote zu sprechen gekommen wäre.

In der Tat zeichnet die Geschichte ein schönes Charakterbild von diesem Mann, der in der medialen Kommunikation (z. B. als Formel 1-Experte auf RTL) diplomatisches Verhalten ablehnte, der ohne Umschweife zu seinem Punkt kam und gerade daraus einen guten Teil der Wirkung auf sein Publikum bezog.

Aber die Geschichte geht noch weiter: Denn Lauda erzählte in diesem Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG auch, warum er sich mit der amerikanischen Moderatorin den Scherz erlaubte. Als er nach seinem Unfall aus dem Krankenhaus kam, habe er sich vor allem darüber geärgert, dass die Menschen nicht mehr in seine Augen sahen, sondern nur mehr erschrocken auf sein Ohr.

Auch wenn Lauda mit den Jahren diese Reaktion seiner Mitmenschen zu verstehen lernte und damit auch seinen Ärger ablegte – aber diese Momente, in denen zwischen dem Sprecher und seinem Publikum ein großer Vorbehalt steht, der mit dem Inhalt gar nichts zu tun hat – diese Momente kannte der Mann nur zu gut. Die Engländer nennen diesen Vorbehalt übrigens „elephant in the room“. Etwas, das im Raum steht, das allen offensichtlich ist, aber über das niemand sprechen will, weil es möglicher Weise Wut, Trauer oder Schamgefühle weckt.

Insofern ist Niki Lauda für uns alle ein großes Vorbild, die wir dann und wann auch mit solchen Situationen zu kämpfen haben. Es müssen ja nicht gleich verbrannte Körperteile sein. Es kann naheliegender Weise auch um Missverständnisse oder Vorurteile gehen, die uns die Ansprache mit unserem Publikum erschweren. Und die wir aktiv und ohne Umschweife ansprechen sollten, um ihnen damit den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Eines ist sicher: Niki Lauda wird uns nicht nur als Rennsport-Legende in Erinnerung bleiben, sondern auch als jemand, der mit solchen Situationen großartig umzugehen verstand.

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