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  • Diskussion und Meeting

Kurs im Kuscheln

Wer wird „Europa-Kanzler“? Immerhin stellt sich diese Frage den 380 Millionen wahlberechtigten Europäerinnen und Europäern gerade zum ersten Mal. Auch die europäische Wahlberichterstattung hat Premiere, mit allen erdenklichen Angeboten von A wie „Anne Will – Europa wählt“ bis Z wie „ZDFcheck Europa“. Trotzdem sagen die Meinungsforschuns-Institute: Das Interesse der Wählerschaft ist endenwollend. Insofern finde ich es bemerkenswert, dass sich die beiden Spitzenkandidaten Schulz und Juncker beim ZDF-TV-Duell am Donnerstag dermaßen streichelweich gaben, dass das bass erstaunte Publikum kaum erkennen konnte, was die beiden überhaupt von einander unterscheidet.

Juncker steht für ein Europa, das hinter verschlossenen Türen tagt! (Martin Schulz)
Ich habe Martin Schulz hinter verschlossenen Türen kennengelernt. (Jean-Claude Juncker)

Diese beiden Sätze dauerten vielleicht an die 20 Sekunden, aber sie waren in den 90 Minuten der Debatte die einzige Spitze zwischen den beiden Kontrahenten. Und sonst? Eine ganz große, romantische Liebe.

Ich gebe Herrn Schulz recht, wenn er so denkt wie ich. (Juncker)
Es spricht nicht gegen ihn, wenn er so denkt wie ich. (Schulz)
Wir würden so gerne herausarbeiten, wo Sie nicht einer Meinung sind. (ZDF-Moderator Peter Frey)
Warum sollten wir nicht einer Meinung sein? Wahlkampf ist doch nicht die Organisation von Massenschlägereien. (Juncker)

Das mag stimmen. Und ich verstehe, dass man in einer Debatte versucht zu vermeiden, was dem Publikum in den letzten Jahren immer wieder sauer aufgestoßen ist: dass sich die gegnerischen Personen in ihrer Abgrenzungswut permanent ins Wort fallen und man deswegen rein gar nichts mehr versteht Daraus folgt aber nicht, dass man deswegen ins andere Extrem fallen und auf Profilierung vollkommen verzichten muss. Warum soll man zu spannenden Themen auf einmal überhaupt nicht mehr Stellung beziehen dürfen?

Wie soll man den Datenschutz im Netz gewährleisten? Wie kann man zu einem menschlicheren Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeerraum finden? Wie soll man der Jugend bessere Chancen am Arbeitsmarkt schaffen? – Dies sind Themen, die die Menschen in Europa zu Recht angehen. Aber darüber wurde am Donnerstag mit großer Konsequenz überhaupt nicht gestritten.

Ob dies dazu taugt, die desinteressierte Wählerschaft zu motivieren?

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