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Kennen Sie den? – Wie man Pointen verjuxt

Tun Sie einer Geschichte keinen Zwang an

Diese Frage stelle ich mir, seit Matthias Döpfner (CEO des Axel Springer Verlags) den Toast, den er auf das Projekt ausbrachte, mit dem launigen Joke von dem Geigenspieler und dem Löwenrudel garnierte. Wunderbares kleines Lehrstück fürs Medientraining: Ein Witz kann lustig sein, aber wenn er mehr Fragen aufwirft als Klarheit schafft, hilft auch die beste Pointe nicht weiter. Also, der Witz geht so:

"Ein Geigenspieler macht eine Exkursion in Afrika und sieht sich plötzlich von einer Herde Löwen umringt. Er hat keine Chance wegzulaufen, und die Situation ist wirklich gefährlich für ihn. Also sagt er sich: Ich tue das, was ich am besten kann, nämlich Geige spielen. Er holt seine Geige aus dem Kasten und spielt Mozart-Sonaten, und wirklich: Die Löwen sind überwältigt, bilden einen Kreis um ihn und hören andächtig der Musik zu. Da spielt die Person immer weiter, und immer besser. Und irgendwann nach einer Stunde kommt ein Löwe von außerhalb des Kreises, springt mit einem gewaltigen Satz über die anderen Löwen in die Mitte und zerreißt den Menschen in tausend Stücke. Sagt ein Löwe zum anderen: Ich wusste doch, sobald der Taubstumme kommt, ist das Konzert hier vorbei."

Der Medienexperte Stefan Niggemeier fand‘s lustig, aber im zweiten Anlauf, beim näheren Nachdenken über die Pointe, ging es ihm nicht anders als mir selbst: Was wollte der Mann uns damit sagen?

Dass der taubstumme Löwe satt wird, während sich der Rest hungrig an der Kultur ergötzt?
Dass sich Benachteiligte am Ende die fette Beute holen?
Oder repräsentiert gar der Geigenspieler den Journalismus, der gerade dabei ist, gefressen zu werden, während er so tut, als ob er sein Publikum noch irgendwie erfreuen könnte?

Folgendes Erklärungsangebot hielt Matthias Döpfner für sein Publikum parat: „Das heißt, es ist eben wichtig, dass das, was wir tun, nicht nur uns gefällt, sondern dass es auch denjenigen gefällt, für die wir es machen. Und es ist wichtig, dass wir Sachen anders machen.“

Aha. Gegen diese beiden Sätze ist nichts einzuwenden – aber ist es wirklich das, was in der kleinen Geschichte erzählt wird? Ein Löwe ist ein Löwe ist ein Löwe – darum geht es in dem Witz. Und: Ich kann mich aus einer Gefahr nicht retten, indem ich die Mentalität meiner Umwelt negiere. Nicht uninteressant, hat aber nichts mit dem zu tun, was Herr Döpfner seinem Publikum sagen wollte. Was wir daraus lernen können: Tun Sie einer Geschichte keinen Zwang an.

Jede Erzählung hat eine Pointe, aber wenn diese Pointe nichts mit dem zu tun hat, was Sie dem Publikum sagen wollen, wird es ratlos hinter Ihnen zurückbleiben. Und sich überflüssige Fragen stellen.

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