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  • Storytelling

Kalkulierte Verunsicherung

Von Werbegeschichten lernen

Der Mann ist wütend auf seine Frau, weil sie ohne sein Wissen eine abgetragene, aber heißgeliebte Hose entsorgt hat. Frauen kennen das. Männer kennen das. Alle fühlen sich erinnert.

Aber unser Mann ist wirklich stur: Er rennt in bloßen Shorts auf die Straße, wühlt im Mülleimer, fährt per Autostopp zur nächsten Müllhalde, fragt dort verzweifelt die Geschäftsleitung, streunt durch surreale Müllberge und trifft auf seiner Odyssee plötzlich einen seltsamen Guru, der ihm einen Spaten aushändigt. Der Mann gräbt und findet wie von Zauberhand seine – tatsächlich vollkommen zerschlissene – Hose. Am Ende werkelt er glücklich gekleidet in seinem Garten. Auch die Frau freut sich, denn sie bekommt ein neues Blumenbeet. Und die Moral von der Geschichte? – Hornbach. Es gibt immer was zu tun.

In den 70 Sekunden dieses Werbespots wird kein Wort gesprochen. Kein Baumarkt wird gezeigt, kein Werkzeug, kein Preis. Hornbach hat hier eine wichtige Regel des Geschichtenerzählens gebrochen – mit dem Erfolg von ca. 250.000 Klicks auf YouTube in kürzester Zeit. Und davon können wir uns auch für das TV-Interview ein Scheibchen abschneiden.


Die Regel, die in diesem Werbespot gebrochen wird, lautet: Das Publikum möchte am Anfang immer wissen, wozu es gebeten ist. Der Spot dauert 1:10 Minuten, aber eine ganze Minute lang wissen wir nicht, was uns erwartet. Dramaturgen sagen dazu: „kalkulierte Verunsicherung“.

Das Institut YouGov hat den Clip einem „Reel-Score“ unterzogen, bei dem jede Sekunde von zufällig ausgewählten Befragten kontinuierlich bewertet wird. Hier zeigt sich, dass der Spot zu Beginn einigermaßen schwächelt (nur 60 von 100 Punkten erhält) und nach ca. 15 Sekunden sogar noch weiter absinkt. Erst am Ende, in der Rückschau, bewerten ihn die Befragten in Punkto Spannung und Einzigartigkeit weit überdurchschnittlich.

Aber dieser Eindruck bleibt dann hängen. Das ist die Wirkung dieses Kalküls.

Dieses Prinzip können Sie sich im TV-Interview zu Nutze machen, indem Sie nicht mit einer These einsteigen (die das Publikum darüber aufklären würde, wozu es gebeten ist), sondern mit einer Situation (die das Publikum in die Welt Ihrer Gedanken hereinholt). Überlegen Sie sich dazu: Welche konkrete Person ist von dem, was ich sagen will, persönlich betroffen – positiv oder negativ? Erzählen Sie ihre Situation und ziehen Sie am Ende ein Fazit, aus dem Ihr Publikum fürs Leben lernen kann.

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