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Wie viel Haltung verträgt Journalismus?

Haltung ist im Journalismus ein viel diskutierter Begriff. Auch unter Journalist:innen bleibt umstritten, ob es fairer ist die eigene “Haltung“ offensichtlich zu machen, also „Haltungs-Journalismus“ zu betreiben, oder eine objektive Position gegenüber Interviewpartner:innen ein unabdingbares Kriterium ist und bleiben soll.

Die Dokumentation  „Haltung im Journalismus – Wo bleibt die Ausgewogenheit?", von Lars Sänger und Carsten Kayser, befasst sich eingehend mit diesem Thema. Neben Georg Restle (ARD, „Monitor“), Anja Reschke (ARD, „Panorama“), Jochen Bittner („DIE ZEIT“) , bezieht auch Armin Wolf (“ORF”) Position. Die Doku ist auf YouTube und in der ARD-Mediathek abrufbar.

Die zentralen Themen aus dem Beitrag, insbesondere Armin Wolfs Interpretation des Begriffs Haltung und dessen Bedeutung für den österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, haben wir für Sie zusammengefasst.

Die Grenzen zwischen Haltung, Gesinnung und Überzeugung

“Haltung” im Journalismus: ein Begriff, der Wogen hochgehen lässt, gerade wenn es um die Debatte geht, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer modernen Demokratie leisten soll und darf. Doch die Missverständnisse beginnen bereits bei einer Definition des Haltungsbegriffes, der in der journalistischen Debatte untrennbar mit “Gesinnung” und “Positionierung” verbunden ist.

Der Vorwurf “Haltungsjournalismus” zu betreiben kommt nicht selten von Kritiker:innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Journalist:innen vorwerfen, ihre eigene politische Überzeugung in die Berichterstattung einfließen zu lassen. Auch Zeit im Bild- Anchor Armin Wolf wird immer wieder vorgeworfen, hinter seinen kritischen Fragen stehe eine bestimmte “Haltung”.

“Neutralität” und “Haltung” im Spannungsfeld

Für Armin Wolf bedeutet “Haltung” im Journalismus "auf der Seite der Demokratie und des demokratischen Prozesses zu stehen.” Demokratiefeindliche Inhalte sollen nicht Teil des Diskurses sein, innerhalb der demokratischen Grundpositionen ist es aber die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, für möglichst hohe Meinungsvielfalt zu sorgen.

Armin Wolfs Verständnis von “Haltung” findet sich noch etwas weiter ausgeführt auf seinem Twitter-Profil wieder: “Ich bin für Menschenrechte und dagegen, Menschen gegeneinander aufzuhetzen.  Für Fakten u. gegen Unwahrheiten im demokratischen Diskurs.” schreibt er hier.

Aber selbst diese Grundhaltungen, die Wolfs Meinung nach jeder und jede Journalist:in in demokratischen Staaten einnehmen muss, werden von bestimmten Personengruppen derzeit infrage gestellt. Gesinnungs- oder Haltungsjournalismus lautet hier der Vorwurf. Nicht selten kommt dieser Vorwurf von Menschen, die ohnehin von klassischen Medien kaum mehr erreicht werden und die sich über Social-Media-Kanäle ihre ganz eigene Version von Fakten, Wahrheit und Journalismus gebaut haben und auch von Algorithmen mit diesen versorgt werden.

Der “Haltungs-Vorwurf” und die sozialen Medien

Die Debatte über “Haltungs- bzw. Gesinnungsjournalismus” ist sehr eng mit sozialen Medien verknüpft. Personen mit antidemokratischer “Haltung” gab es zwar schon immer, aber seit der Verbreitung sozialer Medien sind diese deutlich lauter und präsenter geworden. So gelingt es antidemokratischen Kräften deutlich leichter, als zuvor als Teil des öffentlichen Diskurses zu erscheinen. Vor Social Media noch isoliert, fühlen sich diese Menschen nun mit ihrer Weltsicht nicht mehr allein gelassen und “in ihren Blasen von Paranoia und Propaganda” laufend bestätigt.

Wolf beobachtet ebenfalls einen extremen Anstieg des Zeitdrucks bei der Veröffentlichung journalistischer Produkte. Genau dieser Druck spielt wiederum der “Glaubwürdigkeit” anti-demokratischer Kräfte in die Karten, da oft zu wenig Zeit bleibt, alle relevanten Seiten im Zuge einer Recherche zu berücksichtigen. Das Fehlen bestimmter Positionen in journalistischen Beiträgen mündet dann in einem Haltungs- bzw. Gesinnungsvorwurf.

“Das Internet mit seriöser Information fluten”

Für Wolf sind Social Media zwar auf vielen Ebenen problematisch, aber sie sind auch immer eine Chance, Menschen zu erreichen, die nicht mehr wie vor einigen Jahren täglich um 19:30 die Zeit im Bild schauen und Medien auf klassischen Wegen konsumieren. Die Menschen mit “vernünftigen” und “seriösen” Informationen zu versorgen und dabei auf Formate zu setzen, die gerne von (meist jüngeren) Zielgruppen konsumiert werden, sei derzeit die zentrale Herausforderung und Aufgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Um gegen Desinformation und Fake-News anzukommen, müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk “das Internet mit seriösen Informationen fluten”.

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