Vor einem Gerichtsgebäude in einer Kleinstadt im australischen Bundesstaat Queensland: Daren Edwards gibt einigen TV-Journalisten ein Interview. Da rennt im Hintergrund ein Mann mit einem knallroten Hemd ins Bild.
Der Polizist wittert, dass es sich um einen Flüchtigen handelt.
Er zögert keine Sekunde, unterbricht das Interview, rennt dem Mann nach und reißt ihn zu Boden, wobei die TV-Kameras seine Aktion verfolgen. Dann kommen Kollegen, nehmen den Mann fest und führen ihn ab. Leicht an der Stirn blutend kehrt Edwards zum Interview zurück und setzt es fort (nachzusehen übrigens hier).
So weit, so Yellow Press. Passiert nicht alle Tage. Und man könnte sagen, dass der gute Polizist Pech hatte, weil das Ganze sein Interview störte. Andererseits: Hätte er ohne diesen Vorfall, nur mit seinen Inhalten, so viel Aufsehen erregen können, dass sich die Nachricht davon sogar bis nach Deutschland verbreitete?
Bewegung zieht Aufmerksamkeit auf sich
Im Training sprechen wir einerseits von „Etikett“, andererseits von „Action am Set“.
Ersteres meint eine Bewegung, die meist im Hintergrund stattfindet und nichts mit Ihren Inhalten zu tun hat. Der britische Fernost-Experte der BBC, Prof. Robert Kelly, wurde international bekannt, weil während einer Live-Schaltung in sein Haus seine Kinder ins Zimmer krabbelten und mit ihm spielen wollten. Total süß, aber Kellys tolle Expertise ging darüber vollkommen unter.
Zweiteres meint eine Bewegung, die von Ihnen am Ort des Geschehens (also am Set) bewusst initiiert wird und Ihre Botschaft anschaulich macht.
Wenn der Physiker Werner Gruber im TV-Studio eine Rose in flüssigen Stickstoff taucht (also bei –196°), bis sie so spröde wird, dass sie bei Berührung zerbricht, dann sensibilisiert er das Publikum dafür, was Kälte mit der Natur anstellen kann. Das war im ORF-Interview mit Lisa Gadenstätter relevant, weil zu der Zeit, als dieses Interview geführt wurde, eine Kältewelle über Mitteleuropa hereingebrochen war, die zu einer Gefahr für die Gesundheit werden konnte.
Für Sie als interviewte Personen stellt sich immer die Frage: Hilft die Bewegung meiner Botschaft, oder lenkt sie ab und fügt sie ihr dadurch Schaden zu?
Die Kontrolle liefert dabei immer das Medium selbst: Wenn in den TV-Beiträgen oder Zeitungs-Artikeln vor allem von der Aktion berichtet wird, aber nicht von Ihrem Inhalt, dann haben Sie etwas falsch gemacht. Das ist auch Daren Edwards passiert: Er fand in den Medien vor allem mit seiner Aktion großen Nachhall, nicht aber mit seinem Inhalt.
Sein Glück: Seine Statements wurden zwar durch die Bewegung gestört, aber sein Image als Ordnungshüter wunderbar gestärkt. Fachlich gesprochen war das also eine Mischung aus „Etikett“ und „Action am Set“.
- Autor:
- Stefan Schimmel
- Foto:
- Pixabay.