Sebastian Kurz hat im Augenblick viel davon.
Markus Söder auch.
Christian Kern eher nicht, zumindest wenn es nach Elisabeth Köstinger geht.
Christian Lindner auch nicht.
Andererseits beschwerte er sich, dass CDU und Grüne in den deutschen Jamaika-Koalitionsgesprächen es an ihr hätten fehlen gelassen.
Die Rede ist von der Demut.
Hinter diesem Begriff verbirgt sich „ein weites Land“, damit meine ich eine umfangreiche ethische Diskussion, die hier nicht Thema sein soll. Aber es fällt auf, dass Politiker und Politikerinnen die Demut in letzter Zeit extrem häufig in den Mund nehmen – kaum ein Amtsantritt, bei dem die betreffende Person die Verantwortung nicht „mit großer Demut annehmen“ würde.
Man könnte fast glauben, da haben sich jetzt alle über Nacht zu veritablen Meisterinnen und Meistern der Zen-Meditation gewandelt.
Und ja: Wenn man Demut als gesunden Respekt, und nicht als Unterwürfigkeit ansieht, ist sie etwas Positives. Genauso wie andere positive Eigenschaften, wie zum Beispiel Mut. Oder Dankbarkeit. Oder hoffnungsvolle Visionen. Oder Humor. Oder Empathie. Oder Kooperationsfähigkeit, you name it.
Aber wenn Sie Ihre positiven Eigenschaften in der Öffentlichkeit darstellen möchten, begehen Sie bitte nicht den Fehler der Inflation. Wolfgang Thierse hat richtig gesagt: Zu oft über eine gute Eigenschaft zu sprechen, ist eigentlich eine Geste der Arroganz. Oder es ist „fishing for compliments“. Diese Unstimmigkeit fällt dem Publikum sofort auf: Wer immer wieder behaupten muss, wie toll er nicht ist, kaschiert damit vielleicht bloß einen Mangel und wird damit unglaubwürdig.
Wenn es ums Wording geht, bleiben Sie also maßvoll: Eine gute Eigenschaft bekommt mehr Gewicht, wenn sie nicht mit der Gießkanne verabreicht wird, sondern mit einer gezielten Injektion.
- Autor:
- Stefan Schimmel
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