Trauerreden sind für die Kommunikation aus einem besonderen Grund interessant: Wenn Angehörige ans Grab treten und das Wort ergreifen, kann man davon ausgehen, dass sie wirklich meinen, was sie sagen. Dass ihre Worte echt wirken, weil sie glaubwürdig sind, und das sogar, wenn sie sie vom Blatt lesen – was einer offenen, präsenten Beziehung zwischen dem Redner oder der Rednerin und dem Publikum normaler Weise abträglich ist.
Ein wunderbares Beispiel konnte man am Freitag beim Begräbnis von René Angelil (dem Mann von Celine Dion) in Montreal erleben. Da hielt sein 15jähriger Sohn René-Charles die Grabrede. Sie dauerte nicht einmal 2 Minuten und war absolut kunstlos und schlicht – und trotzdem durch und durch berührend:
Es gibt einen wesentlichen Grund, warum das so ist: Hier geht es ganz und gar ums Eingemachte, also um Gedanken, die aus einem echten Gefühl gesprochen sind. „Verbindlichkeit“ ist das Zauberwort, das hinter diesem Vorgang steckt. Das bedeutet: Ich bin, während ich spreche, mit ehrlich empfundenen Gefühlen verbunden. Dies ist die Basis für meine Wirkung nach außen.
Dies gilt wohlgemerkt für alle öffentlichen Auftritte, es muss nicht unbedingt eine Grabrede sein. Denken Sie an die amerikanische Tradition der „Last Lecture“ – das sind Vortragsreihen an Universitäten, die deshalb so erfolgreich und inspirierend sind, weil die Personen ihre Vorlesungen gestalten, als wären sie die letzten ihres Lebens. Wenn deine Worte dein letztes Vermächtnis wären: Was würdest du dann sagen? Auch hier geht es also ums Eingemachte.
Wenn Sie Ihre eigenen Auftritte vorbereiten, können Sie daraus lernen, indem Sie sich diese Frage stellen: An welche der zur Debatte stehenden Gedanken glaube ich wirklich? Welche sind für mich verbindlich? Und wie muss ich darüber erzählen, damit ich ihnen gerecht werde?
- Autor:
- Stefan Schimmel
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