Das Magazin hat diese Woche 600 Reden aller amerikanischer Präsidenten von Washington bis Obama dem „Flesch-Kincaid“-Test unterzogen, der die Verständlichkeit von Texten misst. Der Faktor 12 bringt dabei zum Ausdruck, dass der Text von Personen mit High-School-Abschluss verstanden wird, also etwa Maturaniveau. Ergebnis: Obama schnitt mit 9.4 am niedrigsten ab, Clinton erreichte 9.8, Bush 10 und Nixon gar 11.8. Und doch gilt von allen Vieren eindeutig der Erstere als der beste Redner.
Wie passt das zusammen?
Was können wir daraus lernen, wenn wir einen Auftritt vorbereiten?
Ganz einfach: Der Test zeigt, dass gute Rhetoriker nicht verschraubt daherreden. Sie sind deshalb gut, weil sie sich möglichst vielen Menschen verständlich machen können. Der Flesch-Kincaid-Test wurde in den 1970ern für die US-Navy entwickelt, weil die Soldaten sich beklagt hatten, dass sie sich mit exzessiv komplizierten Anleitungen ihres technischen Geräts herumschlagen mussten. Die Behebung dieses Missstandes hat die Texte verständlicher gemacht – und mag vielen Soldaten das Leben gerettet haben.
Eine Rede ist ein „Lauftext“
Was für einen geschriebenen Text gilt, gilt für die gesprochene Rede schon lange. Gute Vortragende und gute Interviewte wissen um einen wichtigen Tatbestand der mündlichen Kommunikation Bescheid: Es gibt kein Regulativ. Das bedeutet, der Zuhörende kann nicht wie in einem Buch zurückblättern, wenn er etwas nicht verstanden hat. Er hat kein Lexikon neben sich liegen, das er bei Bedarf zu Rate zieht. Und er kann sich nicht wie bei einer Zeitung aussuchen, was er lesen will und was nicht. Die Rede oder das Interview läuft wie ein akustischer Lauftext vor seinem Bewusstsein.
Das bedeutet: Alles, was gesagt wird, muss in dem Augenblick verstanden werden, in dem es gesagt wird. Daher sind die „Senkung des Niveaus“ und die „rhetorische Qualität“ in ein- und derselben Rede kein Widerspruch. Machen Sie sich in Ihren Reden und Interviews verständlich, indem Sie Ihr Thema einer bekannten Person erklären, die davon keine Ahnung hat.
Im Zweifelsfall können Sie den Text Ihres Wordings, in Englisch übersetzt, hier einkopieren und auf seine Verständlichkeit prüfen.
- Autor:
- Stefan Schimmel
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- Pixabay.