Gestern am Programmzettel: Zwei Luftaufnahmen gegen Sean Spicer, den Pressesprecher von Donald Trump. Die Aufnahmen hatten gezeigt, dass die Anzahl der Teilnehmenden bei der Angelobung des Präsidenten am Freitag viel kleiner war als vor acht Jahren bei Barack Obama. Was Trump augenblicklich zur Medienschelte und seinen Sprecher zu der Bemerkung veranlasste, das sei das größte Publikum gewesen, das je bei einer Vereidigung da gewesen wäre. Punkt.
Wenn ihr die Berichterstattung nicht in den Kram passt, spricht die amerikanische Regierung neuerdings davon, „alternative Fakten“ anzubieten, die in ihren Augen die Wahrheit darstellen. So hielt es jedenfalls gestern die Beraterin von Donald Trump, Kellyanne Conway, die in einem Interview mit dem Sender NBC nachlegte: „Der Pressesprecher des Weißen Hauses lieferte alternative Fakten zum Thema.“ Hier das volle Interview:
Selbst bei Donald Trump, der in seinen öffentlichen Auftritten bekanntlich wenig Grenzen des Geschmacks und des Anstands kennt, ist dies eine neue Dimension im Umgang mit den Medien: die prinzipielle und völlige Verneinung medialer Information. Diese Taktik wird allerdings erfolgreich sein, zumindest bei denjenigen Menschen in Amerika, die ihn gewählt haben; die werden sich ob seiner Dreistigkeit ins Fäustchen lachen. Wir haben hier also eine neue, erfolgreiche Strategie.
Die wir von Intomedia niemals empfehlen würden. Hier sind zwei Gründe, warum wir so denken:
- Jede Argumentation, die von Presseleuten als vollständig und glaubwürdig empfunden werden soll, besteht aus drei Teilen: einer Behauptung, einer Begründung und einem Beweis. Im Statement der amerikanischen Regierung ist nur die Behauptung vorhanden. Dies führt dazu, dass jeder Medienschaffende, der sein Handwerk ernst nimmt, den Sachverhalt anzweifeln wird. Auch die Anhänger Trumps, die im Augenblick (noch?) hoch emotionalisiert sind, werden irgendwann in Zukunft handfeste Beweise für seine Behauptungen suchen.
- In diesen Auftritten der Regierungsvertretenden ging es darum, die Beziehung zwischen dem Weißen Haus und den Medien festzulegen. Dies kann grundsätzlich auf zwei Ebenen geschehen: auf der Ebene der Macht und auf der Ebene der Kompetenz, bzw. auf der Ebene von Wissen und Können. Das Statement von Herrn Spicer war ganz klar auf Ersteres ausgerichtet: Ich definiere die Fakten, und aus. Das bedeutet aber, dass das Image der amerikanischen Regierung in ihrer Beziehung gegenüber den Medien ab jetzt eindeutig eines von Personen, die Befehle ausüben und jenen, die ihnen gehorchen, ist.
Sie können uns glauben: Wenn Sie von Ihrem Publikum über einen längeren Zeitraum gerne als kompetent und fähig angesehen werden wollen, dann sollten Sie sich für eine sorgfältige Beweisführung Zeit nehmen. Und Sie sollten jeden Ausflug in die Welt der Machtdemonstration tunlichst vermeiden. Dieses Vorgehen wird an der Kompetenz der Regierung Trump jedenfalls noch längere Zeit lang Zweifel aufkommen lassen.
- Autor:
- Stefan Schimmel
- Foto:
- Pixabay.